Das Fundstück des Monats ist das Porträt von dem Remscheider Fotografen Hugo Mende. Seit mehreren Jahrzehnten befindet sich ein Teil des fotografischen Nachlasses in den Beständen des Remscheider Stadtarchivs. Darunter etliche Bilder, die Remscheids Geschichte in außergewöhnlicher Weise für die Nachwelt festhalten. Sie zeigen die Remscheider Innenstadt in ihrer einstigen Pracht, den Bau des Remscheider Rathauses, den Kaiserbesuch im August 1899, die ersten Remscheider Straßenbahnen und vieles mehr. Aber nicht ein Bild fand sich, dass den Fotografen selbst zeigte.
Seit 28. Oktober wird eine Auswahl der schönsten Bilder in den neuen Kunsträumlichkeiten der Stadt Remscheid (Markt 13) gezeigt. Im Rahmen der Recherchen für die Ausstellung konnte auch eine Nachfahrin Mendes ermitteln werden, von welcher wir erfreulicherweise verschiedene Bilder erhielten, die Hugo Mende und seine Familie zeigen. Das Portrait des jungen Hugo Mendes, das Ihn ungefähr zu der Zeit zeigt, als er von Hagen nach Remscheid umsiedelte um sich hier ein eigenes Fotografie-Geschäft aufzubauen nehmen wir zum Anlass im Rahmen der Rubrik Fundstück des Monats die Lebensgeschichte Mendes kurz zu portraitieren:
Hugo Mende wurde am 27. Januar 1866 in Hagen als Sohn der Eheleute Theodor Mende und Ida Brakelsberg geboren.
Mit ziemlicher Sicherheit war schon kurz nach seiner Geburt ein Fotoapparat auf den kleinen Hugo gerichtet: Sein Vater, Theodor Mende, war nämlich einer der ersten Fotografen in Westfalen. Er eröffnete in Hagen spätestens 1852 sein eigenes fotografisches Studio - und das zu einer Zeit, in der die Fotografie noch in den Kinderschuhen steckte. Erst 1839, also weniger als fünfzehn Jahre zuvor, hatte Louis Daguerre in Paris der staunenden Öffentlichkeit ein Verfahren vorgestellt, mit dem man auf einer mit Jod und Quecksilber bestrichenen polierten Silberplatte ein Bild dauerhaft fixieren konnte.
Theodor Mende gab auch Stunden an der Hagener Gewerbeschule, wo er unter anderem Themen wie Chemie und Fotografie unterrichtete. Alle Mitglieder der Familie Mende verdienten ihr Brot mit der Lichtbildnerei: Theodors Söhne Paul und Theodor jr. waren ebenso als Fotografen in Hagen beschäftigt wie seine Tochter. Am 2. Dezember 1944, zu dem Zeitpunkt war Theodor Mende bereits verstorben, wurde das von seiner Witwe betriebene Fotostudio in der Bahnhofstraße bei einem Bombenangriff zerstört. Auch das Fotoarchiv der Firma fiel der Zerstörung zum Opfer.
Hugo Mende, dem das Fotografenhandwerk nachgerade in die Wiege gelegt war, trat in die Fußstapfen des Vaters und erlernte den Beruf des Lichtbildners. Im Familienunternehmen wollte er aber offenbar nicht bleiben, und so zog er mit 26 Jahren am 29. April 1892 nach Remscheid, um sich dort mit der Fotografie selbstständig zu machen. Er kann nicht ganz mittellos nach Remscheid gekommen sein, konnte er es sich doch leisten, sein erstes Fotoatelier auf Remscheids Einkaufsmeile zu eröffnen – Alleestraße 28 lautete die Geschäftsadresse, und im selben Gebäude lebte der mittlerweile verheiratete Hugo Mende mit seiner Frau Martha geb. Husemann ein ausgefülltes Leben als Fotograf und Familienvater. Eine kleine Tochter erblickte am 26. Juni 1894, vier Monate nach der Hochzeit, das Licht der Welt.
Doch das familiäre Glück wurde durch den Tod des Kindes, das nur drei Monate alt wurde, jäh zerstört. Auch das zweite Kind, ein kleiner Junge, starb nur einen Tag nach der Geburt. Endlich, am 10. Oktober 1897, kam die Tochter Elisabeth zur Welt, das einzige überlebende Kind von Hugo und Martha Mende.
Im Laufe seiner Karriere hielt Mende viele besondere Orte und Augenblicke seiner Wahlheimat in seinen Fotografien fest. Auch als der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II (den man auch als „Reise-Kaiser“ bezeichnete, weil er unermüdlich innerhalb und außerhalb seines Reiches unterwegs war) am 12. August 1899 die prosperierende Stadt Remscheid besuchte, war Hugo Mende wahrscheinlich der einzige Fotograf, der seiner Majestät so nahe kam, dass er ihn im offenen Wagen fotografieren konnte. Er fotografierte den Bau des neuen Remscheider Rathauses, die Eröffnungen der Eschbachtalsperre (bekanntermaßen die erste Trinkwassertalsperre Deutschlands) oder des Strandbades im Eschbachtal (Deutschlands erstes Freiluftschwimmbad mit künstlicher Wasserzufuhr), den Bau des neuen Remscheider Bahnhofs und vieles mehr. Hugo Mende lässt mit seinen Fotodokumenten diese längst vergessenen, glorreichen Augenblicke der Remscheider Vergangenheit wieder lebendig werden – er bebildert damit die historische Überlieferung und macht sie für heutige und künftige Generationen anschaulich und greifbar.
Mehr als vier Jahrzehnte war Mende in Remscheid tätig, bevor er im Jahr 1938 sein Geschäft aufgab und sich zur Ruhe setzte.
Nach dem Tod seiner Frau Martha, die am 15. April 1939 nach schwerer Krankheit starb, hatte Hugo Mende keine lebenden Verwandten mehr in Remscheid. Im August 1943 – nach dem Bombenangriff auf Remscheid, der die ganze Innenstadt in Schutt und Asche gelegt hatte - meldete er sich nach Bad Liebenstein ab, wo seine Tochter Elisabeth mit ihrem Ehemann und dem Enkelsohn lebte. Doch aus unbekannten Gründen zog es ihn im Jahr 1950 nach Remscheid zurück. Hier verstarb er am 4. August 1952 in seiner Wohnung in der Bismarckstraße 138.
Verfasst von: Sarah Baldy